1837 stirbt König
William IV von England, und seine damals erst 24-jährige Nichte
Victoria wird zur Nachfolgerin bestimmt. Die 64 Jahre ihrer Regentschaft
bedeuten eine Zeit der aufstrebenden Industrie, des sozialen Aufstiegs
des Besitzbürgertums, des verstärkten Kolonialismus und der rigiden
Konvention, die Frauen die elementaren Rechte abspricht.

Queen
Victoria zu Beginn ihrer Regierungszeit
Als die junge
Victoria den Thron bestieg, befand sich die Popularität des Königshauses
auf einem Tiefpunkt: Die vorherigen Regenten hatten England
heruntergewirtschaftet. Victoria, der zunächst niemand einen Funken Können
zutraut, schafft es, ihr Land wieder zur Welt-Nummer-Eins zu machen.
Nicht umsonst wird ein ganzes Zeitalter nach ihr benannt: Das
Viktorianische Zeitalter.
Während sich
die Bedingungen für Kinder und für Sklaven bereits vor Beginn ihrer
Regentschaft verbessert hatten, 1833 wurde die Kinderarbeit in England
in Bergwerken und Fabriken eingeschränkt und die Sklaverei im Empire
abgeschafft, stellt sich die Lage der Frauen unter Queen Victoria als
wenig hoffnungsvoll dar:
Ein Zitat der
Königin zum Thema Frauenrechte: "Die verrückte, sündhafte
Narretei der Frauenrechte mit all ihren abscheulichen Begleitumständen
muss mit aller Kraft eingedämmt werden ... Frauen werden zu den
hassenswertesten, herzlosesten und abstoßendsten Geschöpfen, wenn man
ihnen erlaubt, ihr Geschlecht zu verleugnen."
Zu der
Absprache von Rechten für Frauen, kam der strenge Moralkodex, der
insbesondere Frauen betraf.
Es ist
interessant zu sehen wie weit die Lebensrealität Queen Victorias und
ihre rechtlichen und ethisch-moralischen Vorschriften für Frauen unter
ihrem Regime auseinander klaffen:
Sie verfügt
als Frau über uneingeschränkte Regierungsgewalt und
Selbstbestimmungsansprüche. Ihren Untertaninnen spricht sie diese
Rechte ab.
Ihr eigenes
Intimleben ist von Widersprüchen geprägt: Sie bringt in 16 Jahren neun
Kinder zur Welt, wobei sie einmal äußerte, dass sie beim Zeugen der
Kinder die Augen schloss und dabei an ihre Pflicht für die Zukunft
Englands dachte.

Victoria
und Albert mit vier ihrer Kinder
Sie gilt als
ungemein prüde und sexualitätsfeindlich, eine Haltung, die die Moral während
ihrer Regierungszeit entscheidend prägt, doch scheint es so, dass sie
ihren Ehemann Albert selbst aussuchte.

Der
junge Albert von Sachsen-Coburg
Auch soll sie
ihren Mann aufrichtig geliebt haben. Als er starb, zog sie sich viele
Jahre aus der Öffentlichkeit zurück und trauerte. Ihr Intimleben mit
Albert war wahrscheinlich nicht so schrecklich wie sie die Öffentlichkeit
glauben ließ. Sie und ihr Mann fertigten z.B. gegenseitig voneinander
Aktzeichnungen an. Vom Temperament waren Victoria und Albert sehr
verschieden. Victoria war eine selbstbewusste, lebhafte Frau, Albert ein
unsicherer und sehr ruhiger Typ. In ihrer Ehe stellten sie die bekannte
Rollenverteilung von Frau und Mann auf den Kopf. Victoria konnte mit
ihren Kindern nichts anfangen und empfand ihre Schwangerschaften als die
negativste Seite ihrer Ehe. Sie kümmerte sich wenig um ihre Kinder und
beschäftigte sich lieber mit ihren Regierungsgeschäften. Albert war
ein künstlerisch interessierter und gebildeter Mensch. Er pflegte während
seiner Ehe seine verschiedenen musischen Interessen, richtete
Kunstsammlungen und Museen ein und widmete sich der Erziehung und
Bildung seiner Kinder.

Queen Victoria in
späteren Jahren
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